"Unter fremden Menschen" (1916) ist der zweite Teil von Maxim
Gorkis autobiographischer Romantrilogie. Sie schildert die Zeit von seinem
10. bis zum 15. Lebensjahr. Gorki lebt als Waise wieder bei seinen
Großeltern. Der Großvater ist vom Geiz zerfressen, an der Großmutter nagt
der religiöse Schwachsinn - Gorki findet seine Ruhe im Wald, denn dort "gibt es keine geschwätzigen Menschen, keine Trunksucht und keine
Prügeleien, man kann dort Großvaters häßlichen Geiz, das sandige Grab der
Mutter und alles andere vergessen, was das Herz verletzt, anödet und
bedrückt". 1879 beginnt er bei dem Zeichner Sergejew eine Lehre, aber dessen Ehefrau
verhindert jegliche Ausbildung, Gorki wird zu niedrigen Tätigkeiten wie dem
Scheuern des Samowars abkommandiert. Besonderen Ärger hat er auch mit den
anderen Frauen im Hause, die ihn regelmäßig schikanieren und von allen
Menschen nur gehässig reden, um sich selbst besser zu fühlen; auch ziehen
sie "ihren Herrgott in alle Angelegenheiten [...] in alle Winkel ihres
kleinen Lebens hinein. Dadurch erhielt ihr kümmerliches Dasein eine gewisse
äußere Bedeutung, erschien es als ständiger Dienst an einer höheren
Macht". Als er es nicht mehr aushält, läuft er davon - zu seiner Großmutter - und
versucht, sich als Vogelfänger durchzuschlagen, aber es ist kein schöner
Beruf, diese lieben Tiere der Freiheit zu berauben und auf dem Markt zu
verkaufen.
Im Jahre 1880 verdingt sich Gorki als Geschirrwäscher auf einem
Wolgadampfer und kehrt, nachdem man ihn hinausgeworfen hat, zum Zeichner
zurück. Im Jahr darauf findet er als Laufjunge und Lehrling in einer
Ikonenwerkstatt Beschäftigung.
Gorki lernt das Leben und die Menschen kennen, so manch einer versucht, ihm
einen Rat, etwas Lebensweisheit zu geben, seine Wissbegierde zu stillen: "Die Welt ist für den Menschen - eine dunkle Nacht, da muß sich jeder
selbst voranleuchten" - "Mit Tränen kann man ein Feuer nicht löschen" --- Sprüche.
Um der Wirklichkeit zu entfliehen, vertieft sich Gorki mehr und mehr in
seine Bücherwelten, das Lesen wird ihm zur Besessenheit, er bildet sich
bald einen eigenen Geschmack und kritisiert, was ihm nicht gefällt: "Überdrüssig war ich vor allem der ´Liebe´, von der alle
Männer und Frauen in ein und denselben Worten sprachen. Diese Eintönigkeit
war nicht nur langweilig, sie erregte auch ein undeutliches Mißtrauen", aber Gorki findet auch Bücher, dank denen in ihm die Überzeugung reift: "Ich stehe auf der Erde nicht allein und werde nicht umkommen!"
Gorki ist erst 15 - und hat schon so vieles durchgemacht. Er ist anders: "Ich trank keinen Wodka und trieb mich nicht mit Mädchen herum. Diese
beiden Arten, die Seele zu benebeln, ersetzten mir die Bücher. Je mehr ich
jedoch las, desto schwerer fiel es mir, so sinn- und nutzlos dahinzuleben,
wie es die Menschen - meiner Meinung nach - taten".
"Unter fremden Menschen" endet mit Gorkis Reise nach Kasan, auf
die er sich in der Hoffnung, dort etwas zu lernen und gar die Universität
zu besuchen, obwohl er keinen Schulabschluss besitzt, begibt.