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Madame Bovary

Gustave Flaubert

Gustave Flauberts (1821-1880) erster großer veröffentlichter Roman "Madame Bovary" erschien gegen Ende des Jahres 1856 in einer Serie der "Revue de Paris" und brachte dem Herausgeber dieser Zeitschrift, ihrem Drucker als auch dem Autoren schon im Folgejahr einen Prozess wegen Verstoßes gegen die öffentliche und religiöse Moral sowie gegen die guten Sitten. Da der Prozess jedoch mit einem Freispruch endete, war dem weiteren Erfolg des Romans kein juristischer Riegel vorgeschoben.

Worum geht es in dem Roman? Kurz gesagt um den Ehebruch der Emma an ihrem Mann Charles Bovary. Charles ist ein bescheidener und nicht zu großen Sprüngen neigender Landarzt, der als Witwer bereits eine von ihm wenig geschätzte Ehe hinter sich gebracht und daraufhin das persönliche Glück hat, sich mit seiner eigentlichen Liebsten - Emma Rouault - zu vermählen. Auf das Drängen der lebenshungrigen Emma hin verlassen die beiden das nordfranzösische Dorf Tostes und siedeln sich im in der Nähe von Rouen befindlichen Yonville an. Dort gibt es die Lücke einer aufgegebenen Arztpraxis zu schließen, sie erweist sich jedoch als nicht besonders einträglich, auch wenn sie genug zum Leben abwirft.

Allerdings gehen die Ansprüche der als hübsch beschriebenen Emma weit über die realen Verhältnisse und Möglichkeiten des Ehepaares hinaus. Zum einen gärt in Madame Bovary die durch Roman-Lektüren genährte Illusion einer romantischen Liebe, die sie nicht bei ihrem Ehemann finden kann, zum anderen entwickelt sie einen starken Hang zu Luxusgütern, die ihr auf Pump durch den gerissenen Kapitalisten Monsieur Lheureux verschafft werden. Dieser versteht es ausgezeichnet, immer neue Bedürfnisse in seiner Kundin zu wecken. Sie kann nicht widerstehen. Ebensowenig widersteht sie den amourösen Abenteuern, nach denen sie sich ohnehin sehnt - und das, obwohl sie bereits ihrer Tochter Berthe das Licht der Welt geschenkt hat. Aber diese Tochter ist eigentlich ungewollt.

Zuerst ist da der junge Léon Dupuis, in den sich die vom Leben unbefriedigte Emma verliebt, doch verzieht er, der auch für sie etwas empfindet, eines Tages nach Paris, weil er nach einigen vergeblichen Mühen letztlich keine Hoffnung mehr in eine gemeinsame Zukunft setzt. Und so ist der Weg frei für die Verführungskünste eines Rodolphe Boulanger, denen Emma bald erliegt. Die Affäre dauert etwa 3 Jahre, ohne dass der arglose Charles Bovary Verdacht schöpft...

Und so ist es immer. Madame Bovarys Element ist die Unaufrichtigkeit, die Lüge - Emma hat ein leichtes Spiel mit ihrem Mann. Für sie zählt nur die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse, zählt nicht einmal das Leben ihres Kindes. Damit ist sie ein Prototyp des heutigen Individualisten, der in anderen Menschen immer nur ein Mittel, nie jedoch einen Zweck erblickt. Während sie ihrer Familie größten Schaden zufügt, treibt Emma selbst unausweichlich auf den eigenen und finalen Ruin zu, den sie durchaus verdient hat. Schließlich ist keine Lüge von Dauer, soll Gerechtigkeit sein auf Erden! (Zumindest annähernd).

"Madame Bovary" ist für den Leser von heute eine Reise in den französischen bürgerlichen Geist des 19. Jahrhunderts. Dies macht sich bereits am Stil des Romans bemerkbar: Flaubert ergeht sich gelegentlich in exzessiven Beschreibungen, die jedoch vom Leser durchzustehen sind. In unserem Jahrhundert, in dem man jederzeit alle möglichen Bilder und Filme aufrufen kann, schreibt kaum noch jemand wie Flaubert. Es wäre auch überaus unnötig.

Hier soll kein allgemeines Fazit, das irgendetwas für sich beanspruchen würde, gezogen werden. Nur so viel vielleicht: Auch wenn die Haupthandlung des Romans vor ca. 160 Jahren angesiedelt ist, so berührt sie Problematiken, die sich so oder ähnlich auch dem jetzt lebenden Menschen stellen können und über die zu reflektieren eben das Buch von Flaubert helfen kann.

Diese Rezension schrieb:
Arne-Wigand Baganz (2007-11-20)

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