Die Zeilen "Vorwärts! Vorwärts! Jugend kennt keine Gefahren." dichtete Baldur von Schirach einst seiner Hitlerjugend, sie könnten aber
auch als Motto Ernst Jüngers Kriegstagebuch von 1920 voranstehen. "In
Stahlgewittern" ist die gefühllose, bemüht detailgetreue Beschreibung
einer Karriere im Töten, einige ihrer Stationen: die Schlacht an der Somme,
die Schlacht von Cambrai und die Deutsche Frühjahrsoffensive von 1918, bei
denen der Krieger-Autor Jünger insgesamt 14 Treffer erhielt und doch
überlebte.
Kriegsverherrlichung hat man dem Jünger vorgeworfen. Doch: Wer etwas
verherrlichen will, muss Gefühle haben, so wie Walter Flex, der in der Erzählung "Der Wanderer zwischen beiden Welten" (1917) den Ersten Weltkrieg zum ästhetischen Erlebnis hochstilisierte,
Goethe, Nietzsche und das Neue Testament im Marschgepäck mitführte und ein
Auge und das ganze Herz auf seinen Kameraden Wurche geworfen hatte.
Jünger verherrlicht nichts. Natürlich, und das schreibt er gleich im
Vorwort, hält auch er den Krieg für den Vater aller Dinge und dass ihn wie
seine Altersgenossen der Krieg anfänglich wie einen Rausch gepackt habe.
Von der Schul- zur großen Schlachtbank: "In einem Regen von Blumen waren wir hinausgezogen in trunkener
Morituri-Stimmung. Der Krieg mußte es uns ja bringen, das Große, Starke,
Feierliche. Er schien uns männliche Tat, ein fröhliches Schützengefecht auf
blumigen, blutbetauten Wiesen". Aber davon später nichts mehr, nur trostloser Schützengrabenalltag im
Eisenhagel, Zerstörungen, unzählige Tote und Verwundete, Versteckspiele im
Dreck, alkoholische Betäubungen; dann hin und wieder soetwas wie ein
militärischer Erfolg in einem doch sinnlos bleibenden Ganzen.
So wie Jünger mögen viele junge Soldaten damals geträumt haben: "Hier wurde das Schicksal von Völkern zum eisernen Austrag gebracht,
es ging um den Besitz der Welt". Wozu die Welt besitzen, reicht denn das Leben nicht?
Das ist der Krieg: "Zerrissene Tornister, abgebrochene Gewehre, Zeugfetzen, dazwischen in
grausigem Kontrast ein Kinderspielzeug, Granatzünder, tiefe Trichter der
krepierten Geschosse, Flaschen, Erntegeräte, zerfetzte Bücher,
zerschlagenes Hausgerät, Löcher, deren geheimnisvolles Dunkel einen Keller
verriet, in dem vielleicht die Gerippe der unglücklichen Hausbewohner von
den überaus geschäftigen Rattenschwärmen benagt wurden [...]".
Tiefergehende Reflektionen wird man in den Stahlgewittern nicht finden.
Jospeh Goebbels war vom Buch begeistert:
"Ein glänzendes, großes Buch. Grauenerregend in seiner realistischen
Größe. Schwung, nationale Leidenschaft, Elan, das deutsche Kriegsbuch.
Einer aus seiner Generation ergreift das Wort über das tiefe seelische
Ereignis Krieg und verrichtet Wunder innerer Darstellung."
Ja, und "In Stahlgewittern" hat, obwohl die Deutschen den Krieg
verloren haben, sogar ein überaus glückliches Ende: Der schwerverwundete
Jünger erhält als Auszeichnung für sein Geschick im Töten den Orden Pour le Mérite. Na, wenn sich das nicht gelohnt hat!?!