Aktuell
© 1999-2024 by Arne-Wigand Baganz

Ukraine  Eine Reise durch die Ukraine in 113 Gedichten  Ukraine
Start > Rezensionen

Das Salz der Erde

Józef Wittlin

Piotr Niewiadomski - Peter Unbekannt - ist die Hauptfigur des Romanes "Das Salz der Erde". Piotr ist ein einfacher Mensch, ein Bahnwärter im Huzulenland, das im (ehemaligen) Osten Polens liegt. Das Leben des Bahnwärters ist bescheiden und in seinem Umfang überschaubar. Es besteht aus seiner Arbeit an der Station Topory-Czernielitza, der Fürsorge für seinen Hund Baß, gelegentlichen Zechereien, einem unehelichen Verhältnis zu einer Frau und seinem etwas vernachlässigtem eigenen Haus. Piotrs Lebenstraum ist es, dieses Haus zu renovieren und sich eine feinere Frau als die Magda, mit der er nur den Beischlaf pflegt, zuzulegen. Über diese verfestigte Lebensordnung brechen die Veränderungen des Ersten Weltkrieges herein. Piotr Niewiadomski, Untertan des österreichisch-ungarischen Kaisers, wird als tauglich gemustert und in den Krieg einberufen. Schritt für Schritt hört er auf, ein Mensch zu sein - der Leser begleitet ihn dabei. Piotr ist nur noch ein verwertbares Stück Material der k.u.k. Hoheit, die ihn an die Front werfen wird. Sein Wert wurde durch die Musterung bestimmt und durch den militärischen Drill unmittelbar vor dem Einsatz noch einmal erhöht. Piotr Niewiadomski an der Front - an diesem Teil der Geschichte hat der Leser keinen Anteil mehr - anders als z.B. in Erich Maria Remarques "Im Westen nichts Neues" und Ernst Jüngers "In Stahlgewittern", wo die Geschehnisse in den Schützengräben einen zentralen Teil der Werke einnehmen. Der polnische Autor Józef Wittlin konzentriert sich darauf, die Ereignisse davor zu beschreiben und genau darin liegt auch die Besonderheit von "Das Salz der Erde". Es ist ein Roman, der den Krieg nicht anklagt, der nicht für ihn spricht, sondern ihn einfach nur aus der naiven Sichtweise des Bahnwärters Piotr Niewiadomski darstellt.

Unbekannt bleibt der erste Mensch, der in diesem Krieg das Leben verlor.
Unbekannt bleibt der erste Mensch, der ihn erschlug.
Unbekannt blieb der letzte Mensch, der in diesem Krieg gefallen ist.
Mein Wort hebt ihn aus der Erde, in der er liegt: er wird mir diese Ausgrabung verzeihen.
Unbekannt bleibt der Unbekannte Soldat.

Diese Rezension schrieb:
Arne-Wigand Baganz (2004-09-24)

Weitere Rezensionen

     » Koeppen, Wolfgang – Tauben im Gras (1951)
     » Montefiore, Simon Sebag – Stalin. Am Hof des roten Zaren (2003)
     » Dostojewskij, Fjodor – Aufzeichnungen aus dem Kellerloch (1864)
     » Aitmatow, Tschingis – Der Schneeleopard (2007)
     » Flaubert, Gustave – Madame Bovary (1857)

Alle Rezensionen anzeigen