Im vielleicht achten Versuch habe ich den Zauberberg von Thomas Mann,
erschienen 1924, doch mit großer Anstrengung durchgelesen, nachdem ich
zuvor sicher nie mehr als die ersten 30 Seiten ertragen hatte. Ohne die
Corona-Pandemie wäre es sehr wahrscheinlich nicht dazu gekommen, und sie
ist ganz sicher kein Grund, hier dankbar zu sein. “Der Zauberberg” ist ein
fast komplett handlungsloses Machwerk, das sein Autor auf ungefähr 1000
Seiten ausbreitet. Es zu lesen erfordert ein Höchstmaß an masochistischer
Disziplin oder die enorme Dummheit (sanfter gesagt: Unerfahrenheit),
anzunehmen, es hier mit großer Literatur zu tun zu haben. Ich werde hier
keine “inhaltliche Zusammenfassung” geben, die kann man sich anderweitig
einholen, denn in dem Buch geht es ohnehin nur um den kranken, gekränkten
und zutiefst narzisstischen Menschen Thomas Mann, der die Pose des
Weltliteraten gibt. Ein Weltliterat ist er beileibe nicht, Nobelpreis hin
oder her, den haben schon viele fragwürdige Autoren erhalten und viele
andere, die ihn eher verdient hätten, nicht. Manns Romanfiguren sind
billige Abziehbilder ohne Leben, ob sie nun Hans Castorp, Lodovico
Settembrini oder Naphta heissen, sie sind alle nur armselige Dummschwätzer
wie Thomas Mann selbst, der sehr wahrscheinlich aus allerhand
Sekundärquellen, ohne diese zu benennen, Dinge zusammengeklaubt und in
seine extrem geschraubte Sprache gezwängt hat. Beim Lesen des Zauberbergs
habe ich ihn geistig oft in allerhand Lexika und Fachliteratur wühlen sehen
- wie eine Elster im Volksglauben, die ihr Nest mit vielerlei Kram
vollpackt. Thomas Manns Sprache ist eine besondere Kunstform, das möchte
ich ihm nicht absprechen, aber ihre Seele ist die technische Kraftmeierei,
inhaltlich bleibt alles blutleer und arm, seine Sprache ist letztlich reine
Scharlatanerie, die ein puffendes Nichts zu einem gähnenden Kosmos auswölbt
und dabei schon den einen oder anderen Gaffer, der das leere Schauspiel
nicht durchschaut, für sich gewinnen kann, aber ich kann mir nicht
vorstellen, dass es viele Menschen gibt, die dieses Buch wirklich von vorn
bis hinten gelesen haben, und wenn doch, dann vielleicht als eine Art
Selbsterfahrung, bei der man die Grenzen der eigenen Belastbarkeit ausloten
möchte. Ich selbst war tapfer (das ist kein Eigenlob), nur das seitenweise
Gefasel über das Leben, von dem Thomas Mann nun wirklich überhaupt keine
Ahnung hatte, habe ich tatsächlich übersprungen und mir damit hoffentlich
einen großen Gefallen getan. Wozu dienen die zahlreichen Exkurse? Sie
sollen die Seiten füllen, damit die 1000 Seiten-Grenze erreicht werden
kann, sie sollen die weitschweifende “Klugheit” des Autoren demonstrieren.
Ich will nicht abstreiten, dass der Zauberberg auch einige stärkere Seiten
hat, aber hierzu fallen mir nur die gewissermaßen früh-existenzialistische
Schneewanderung von Hans Castorp und die Schilderung des
Grammophongebrauchs ein, die eventuell eine kulturhistorische Bedeutung
haben könnte, wenn sie nicht so dick vom Mannschen Tran überzogen wäre. Das
ist in Anbetracht des Umfanges des Buches nicht besonders viel. Ansonsten
bleiben Abscheu und Ekel zurück. Ekel vor allem, weil der Autor so stark
aus diesem Werk scheint: Ein verbissener, verlogener Mensch, der vor allem
etwas darstellen möchte, das er nicht ist. Ich habe hier und da gelesen,
Thomas Mann hätte so eine feine Ironie gehabt. Ich habe nach diesem Hinweis
danach geforscht, und wirklich, was ich im Werk für Idiotie hielt, könnte
möglicherweise gar ironisch gemeint gewesen sein. Thomas Mann ist ein Autor
ohne Positionen, und wenn er sich im Zauberberg doch einmal etwas hervor
wagt, indem er zum Beispiel Hans Castorp sich an seine schwule Jugendliebe
P?isbislav Hippe erinnern lässt, so relativiert er doch alles
schnellstgehend in einem ironischen Nebel. Hahaha, hihi, hehe. Und für
besonders heikles wechselt er lieber gleich in das Französische.
Thomas Mann ist kein großer Autor, der Zauberberg kein großes Buch, selbst
wenn es einen gewissen Umfang hat und sich zahllose Menschen davon bereits
haben täuschen lassen. Es erzählt einem auch nichts über die Stimmung vor
dem Ersten Weltkrieg, es erzählt - und da wiederhole ich mich abschließend
gern noch einmal - nur von dem bedauerungswürdigen Menschen, der es
verfasst hat.
Bitte, lesen Sie den Zauberberg nicht, fast jede andere Beschäftigung ist
sinnvoller. Das einzige, was sie dieses Buch lehren wird, ist die geringe
Kunst der Zeitverschwendung und dass man als ihr Schöpfer durchaus
materiellen Erfolg haben kann.