Das Böse sucht das Gute, um gegen dieses wirkend sich selbst zu
realisieren, denn wenn das Böse nur bei sich bleibt, ist es nicht
vollständig und wenn es als Teilböses bei anderen Bösen bleibt, kann es
sich nicht erkennen, weil diese sind wie es selbst, zusammen bilden sie ein
einsames und indifferentes Meer, in dem man die Wassertropfen nicht sieht
und das nur dunkel drohend hin und her schwankt, ohne tatsächlich gegen
anderes tätig zu werden, ohne etwas zu erreichen. Mit diesem ungerichteten
Schwanken kann sich das Böse nicht zufriedengeben, es will mehr: Es will
werden, es will sein, es will schlingen. In der Wendung gegen das Gute
entfaltet sich daher erst das Wesen des Bösen: Es wird lebendig, es zeigt
sich, es handelt. Das Ziel des Bösen ist stets das Gute: Es ist darauf aus,
das Gute in Böses zu verwandeln oder es zu beseitigen, es will jenes
verzehren und wieder ausscheiden, es ist ihm Nahrung und zugleich Spiegel
seiner eigenen Wirksamkeit. Das Gute hingegen muss sich dem Bösen
widersetzen, damit letzteres geschwächt wird, zusammenbricht, verhungert –
damit es vergeht, damit es die Welt nicht zu einer endlosen Nacht macht, in
der es an Licht, Wärme und Liebe fehlt. Das Gute wird durch das Wirken des
Bösen zu sich selbst getrieben: Es ist eine strenge Mahnung, wachsam zu
bleiben, besser und stärker zu werden, nicht mit dem bisher Erreichten und
sich zufrieden zu sein, sich zu einen.
Das Gute will das Leben, und zwar das gute Leben: Recht, Gerechtigkeit und
Frieden, das Böse will nur sich selbst und dieses durch das Gute erlangen:
dessen Schädigung, Schändung, Vernichtung und Tod. Stolz zeigt sich das
Böse im Blut des Guten, schrecklich geht sein Reden, widerwärtig erklingt
sein verführerischer Lügensang – aber es kann nicht dauern, weil es in
etwaigen temporären Triumphen schließlich an sich selbst zugrunde geht:
Damals, heute, künftig.