Ich habe in meinem bisherigen Leben wenige längere Texte geschrieben. Es
lag mir einfach nicht, mich mit vielen Worten und über viele Absätze und
Seiten gedanklich auszudehnen. Als Teenager habe ich mich einmal an einem
Politthriller, wie ich ihn damals selbst gern las, versucht, in meinen
frühen Zwanzigern verfasste ich eine Novelle, die sich ein wenig an Franz
Kafka und auch Hermann Hesse angelehnt hat. Das war es eigentlich. Ich
wollte immer alles auf einmal sagen, und da erschienen mir die Kurzformen
viel passender, auch wenn die des Gedichtes eine ist, die nur eine absolute
Minderzahl an Menschen überhaupt anspricht.
Trotzdem schreibe ich gerade an einem Roman. Ich habe ihn ganz bescheiden
geplant und am Anfang versucht, mir den etwaigen Umfang vorzustellen: Was
kann ich schaffen, an Wörtern zu schreiben, wie viele werde ich benötigen,
um meinen Gegenstand darzustellen? 25.000 Wörter schienen für mich eine
große Zahl zu sein, aber das sind vielleicht gerade einmal 100 Buchseiten.
Das ist nichts – und auch noch lange kein Roman. Es mag lächerlich wirken,
so wie ich vorzugehen, aber ich setzte mir mit 35.000 Wörtern ein
ehrgeizigeres Ziel. Als ich die ersten 10.000 Wörter in den Rechner getippt
hatte, kam ich mir bereits wie jemand vor, der eine ganze Menge erzählt
hat, obschon 10.000 Wörter kaum der Rede wert sind. Als ich die 35.000
Wörter schließlich erreichte, stellte ich fest, dass ich meinen Gegenstand
damit noch lange nicht erschöpft hatte. Ich stieß vor bis zu 50.000 Wörtern
– und dann darüber hinaus.
Natürlich geht es in meinem Roman nicht um die Anzahl der Wörter, die er
enthält. Ich gehe nur systematisch vor, stelle zuerst den Rahmen in einem
Tempo hin, das ich sonst beim Schreiben nicht erreiche. Später wird dieser
Rahmen ausgeschmückt, und dann kommen die inhaltlichen und stilistischen
Feinarbeiten, die sicherlich noch einmal so lange dauern werden wie die
ganze bereits vollbrachte Schreibarbeit. Diese Arbeit ist natürlich auch
ein Spaß, sonst würde ich sie nicht auf mich nehmen, aber den Text in eine
druckfertige bzw. publizierbare Form zu bekommen ist zugleich eine
gewaltige Mühe, die immer dazu führt, dass ich als sein Autor am Ende
nichts mehr damit zu tun haben mag, weil ich ihn selbst so oft lesen
musste. So wird es sicherlich auch dieses Mal kommen.