Biologie zählte nicht zu meinen Lieblingsfächern in der Schule. Wenn ich
ehrlich bin, haftete diesem Fach zuweilen etwas ekelhaftes an: Man schnitt
lebendes / getötetes auseinander, beglotzte es unter dem Mikroskop, um
seine Geheimnisse zu entzaubern (die längst von anderen entzaubert waren),
zeichnete es ab, malte Stempelbilder aus - harmlose Blätter oder auch
Schweineaugen. Kann man denn beispielsweise eine Pflanze jemals wieder nur
als Pflanze sehen, wenn man einmal Bekanntschaft mit einer schematischen
Zeichnung ihres inneren Aufbaus gemacht hat? Meine Antwort war immer: Nein.
Deswegen wollte ich lieber nicht zu viel darüber wissen.
Da Biologie nun einmal nicht mein Lieblingsfach war, habe ich vielleicht
nicht gut genug aufgepasst, so dass ich in der Hälfte des Lebens stehend
vom Leben noch einmal überrascht wurde. Seit ein paar Jahren pflanze ich
Sonnenblumen auf dem Balkon. Es ist eine etwas absurde Veranstaltung, aber
mir gefällt sie sehr gut. Ich liebe Sonnenblumen, viel mehr als die
Beschäftigung mit der Biologie. Dieses Jahr habe ich das erste Mal
Sonnenblumen aus Kernen des Vorjahres gepflanzt. In einem Topf sind zwei
von dreien aufgegangen. Ich war erstaunt wie ein kleiner Bube, als sich die
Keimlinge entwickelten: Es waren nicht nur Geschwister, sondern sogar
Zwillinge. Der eine Keimling sah exakt wie der andere aus. Erst nach vielen
weiteren Tagen entwickelten sie sich ein wenig auseinander. So etwas habe
ich im Unterricht sicherlich gelernt, aber nicht erfahren - vielleicht
hätte er mir sonst etwas besser gefallen.