Der neuerliche russische Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zwingt
uns dazu, vieles zu überdenken, wenn wir es nicht schon 2014 oder früher
überdacht haben. Da gibt es zum Beispiel die sowjetischen Kriegsdenkmäler,
die in den letzten Jahren zu Pilgerorten nationalistischer Russen und ihrer
Sympathisanten geworden sind. Der Sieg der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg
ist für viele Russen identitätsstiftend, er wurde unter Putin über viele
Jahre instrumentalisiert; die Erinnerung an ihn ist ein wichtiges Element
seiner Propaganda und Ideologie – es gibt dafür sogar einen eigenen
russischen Begriff “Pobjedobjesije”, den man mit Siegesbesessenheit übersetzen kann. Wer hat sie nicht vor
seinem geistigen Auge, diese monströsen Militärparaden, die jedes Jahr in
Moskau am 9. Mai stattfinden, die schier endlosen Panzerkolonnen, die
diabolischen Interkontinentalraketen auf Lastzügen, die todbringenden
Mehrfachraketenwerfer, all dieses fürchterliche Höllengerät, das stolz
vorgeführt wird, und auch die feierlichen Märsche der russischen
Bevölkerung, auf denen schon Kleinkinder in Uniformen und Spielzeugpanzern
stecken, mit Gewehren spielen …
Sowjetisches Ehrenmal im Tiergarten, Berlin (Mai 2022)
Zwei Beispiele in Berlin
Prominenteste Beispiele der auf den Zweiten Weltkrieg bezogenen
sowjetischen Erinnerungskultur in Berlin sind das Ehrenmal im Treptower Park (1949 fertiggestellt) sowie das Ehrenmal im Tiergarten (1945), das durch einen Wink des Schicksals auf dem Gebiet des späteren
Britischen Sektors erbaut wurde und damit dann zu West-Berlin gehörte. Die
Anlage im Treptower Park ist monumental (10 Hektar), in ihr steht eine 30
Meter hohe Kolossalstatue, die einen Soldaten darstellt, der ein Mädchen
auf einem Arm hält und mit dem anderen ein Schwert, das ein am Boden
liegendes, zerstörtes Hakenkreuz berührt. Auf dem Areal liegen 7.000
bestattete Sowjetsoldaten, die in der Schlacht um Berlin fielen. Vergoldete
Stalin-Zitate, Reliefs mit Lenin-Abbildungen – der ganze Prunk der
Sowjetunion, der Stolz ihres Führers, seine spezielle, utilitaristische
Schreibart der Geschichte …
Schutz der Kriegsgräber vertraglich gesichert
Ein Vertrag zwischen der BRD und Russland aus dem Jahr 1992 sichert
folgendes zu, und hieran hat man sich bisher bei uns auch gehalten,
inklusive Instandsetzungsmaßnahmen:
Zitat:
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der
Russischen Föderation gewährleisten den Schutz der Kriegsgräber und das
dauernde Ruherecht für die Kriegstoten der jeweils anderen Seite in ihrem
Hoheitsgebiet und bemühen sich, die Umgebung der Kriegsgräberstätten von
allen Anlagen freizuhalten, die mit der Würde dieser Stätten nicht
vereinbar sind.
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der Russischen Föderation gewährleisten den Schutz der Kriegsgräber und das dauernde Ruherecht für die Kriegstoten der jeweils anderen Seite in ihrem Hoheitsgebiet und bemühen sich, die Umgebung der Kriegsgräberstätten von allen Anlagen freizuhalten, die mit der Würde dieser Stätten nicht vereinbar sind.
Teufelsaustreibung durch den Beelzebub
Wofür stehen diese sowjetischen Ehrenmäler? Nach sowjetischer Lesart
natürlich für die “Befreiung vom Faschismus”. Das ist zum Teil auch richtig: Am 8. bzw. 9. Mai Moskauer Zeit 1945
kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos und besiegelte damit das
Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. Dieser Tag wird seither gerade in
sowjetisch bzw. später russisch beherrschten Gebieten gern als “Tag der Befreiung” (bzw. ”Tag des Sieges”) angesehen und feierlich begangen, aber es war eben östlich der Elbe keine
richtige, vollkommene Befreiung, denn dem deutschen Faschismus folgte die
sowjetische Diktatur, die Versklavung Osteuropas für viele Jahrzehnte. Der
nationalsozialistische Teufel wurde nur vom kommunistischen Beelzebub
ausgetrieben.