Ein Gespenst geht um in Deutschland — das Gespenst der Sprachgenderer. Sie
sind angetreten, um ein von ihnen erfundenes Problem mit ungenügenden bis
lächerlichen Mitteln zum Schaden der Kommunikationskraft unserer Sprache zu
lösen. Um welches “Problem” geht es? Sprachgenderer behaupten, dass das
sogenannte generische Maskulinum Frauen und sich selbst als divers
einordnende Menschen ausschließen, also nicht mitmeinen würde (“Ich gehe
zum Bäcker/Friseur” wäre gleichbedeutend mit “Ich gehe zum männlichen
Bäcker/Friseur”). Das Zauberwort der Sprachgenderer, mit dem sie das
“patriarchalisch verseuchte” Deutschland erlösen wollen, heißt “Inklusion”;
deswegen haben sie die “inklusive Sprache” erfunden, deren
Erkennungszeichen die Verlängerung von Personen bezeichnenden Substantiven
durch verschiedenerlei, oft uneinheitlich gebrauchte Suffixe wie “Innen”,
“:*innen” usw. ist. Häufig weiß diese “inklusive Sprache” allerdings auch
durch falsch gebrauchte Partizipien (Radfahrende, wie in “die tote
Radfahrende” oder Mitarbeitende, wie in “die abwesende Mitarbeitende”) und
insgesamt oft irrwitzige Konstruktionen
(“BürgerInnenmeisterInnenkandidatInnen“) zu brillieren, die einen den
Glauben an die Geisteskraft vieler Menschen verlieren lassen können. Durch
dieses ideologisch begründete Neusprech werden Texte länger, schwerer
verständlich, sie werden kaum aussprechbar — eifrige Jünger der
Genderideologie haben bereits eine Art Kunststotterdeutsch erfunden, das
sie in Funk und Fernsehen — meist auf Kosten des Steuerzahlers —
zelebrieren. Es gibt inzwischen sogar Software, die Sprachgenderern hilft,
den natürlichen Fluss und Bau der Sprache zu zerstören, um diese durch
künstliche Vorschläge “inklusiv” zu machen. Andererseits gibt es allerdings
auch Software, die Texte wieder von diesen Wurmfortsätzen und
Verunstaltungen befreien kann. Man sieht, um was für ein irrsinniges
Treiben es sich beim Gendern handelt. Haben wir denn keine anderen
Probleme?
Man könnte über das ganze Phänomen lachen, wenn es nicht so aufdringlich
und zu einer regelrechten Belästigung geworden wäre. Überall greift diese
Gendermode um sich, ob im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, in Behörden,
Universitäten, Tageszeitungen; selbst private Firmen springen jetzt auf den
Zug auf. Nach Greenwashing und Socialwashing (á la Amazon-Smile-Programm,
bei dem ein paar wenige Cent der Umsätze an gemeinnützige Organisationen
fließen können), gibt es jetzt also auch Genderwashing. Das ist billig, bei
geschriebenen Texten durch Software halbwegs automatisierbar und kongruent
zur aktuellen Gutmenschen-Mode. Es kostet uns nur unsere Sprache.
Wann gendern sie eigentlich Goethe oder Schiller, damit man die beiden im
21. Jahrhundert noch lesen darf?
Wenn Du Deinen Text genderst, bist Du vielleicht ein Überzeugungstäter,
vielleicht nur ein Mitläufer oder auch ein Gefangener einer
unterdrückerischen Struktur, die Dich zum Neusprech zwingt. Auf jeden Fall
verminderst Du dadurch seine Aussagekraft, weil Du einen kindischen
ideologischen Symbolismus — und nichts anderes ist dieser “inklusive”
Sprachmaoismus — über die Inhalte, die Du eigentlich transportieren
wolltest, stellst.
Bei Behörden wundert es nicht, dass sie Gefallen am Gendern haben,
verfassen sie doch der Tradition nach selten Texte, die Bürger gern oder
überhaupt lesen. Ein gegenderter Text wirkt abstoßend und hat quasi einen
Leseschutz. Das gibt seinem Verfasser wertvolle Freiheiten, bei
gleichbleibender Entlohnung die sprachliche Leistung beim Schreiben
unbemerkt und ungestraft zu reduzieren:
Es liest ja sowieso keiner. Oder bewusst polemisch und noch prägnanter
ausgedrückt: Es sind Texte für die Tonne.
Es ist meine persönliche Entscheidung: Wenn ich es mir erlauben kann, höre
ich beim ersten gegenderten Wort auf, einen Text zu lesen. Wenn ich durch
Sprachregelungen in einer Organisation gezwungen werden sollte, selber zu
“gendern”, dann möchte ich mich weigern, dies zu tun. Bevor ich meine
Muttersprache geschlechtere / sexualisiere / verhunze: Wir können die
Kommunikation dann auch gern auf Englisch fortführen, wenn Euch das lieber
ist. Es lebe die Inklusion!
Sprachgenderer spalten nicht nur Wörter, sie spalten letztlich die
Gesellschaft und sorgen für ihre weitere Radikalisierung, indem sich immer
mehr Menschen immer entfremdeter fühlen: Jetzt wird einem von
Sprachmaoisten also sogar diktiert, wie man sich auszudrücken hat:
Komplizierter, umständlicher und in vielen Fällen — wie oben bereits in
Beispielen angedeutet — einfach fürchterlich falsch. Das ist ein
unhaltbarer, unerträglicher Zustand, der einen als jemand, der seine
Sprache liebt, in den Kampf gegen eben diesen Sprachmaoismus zwingt.
Es ist leidig, dass ich es überhaupt sagen muss, aber ich lasse mir nicht
einreden, dass ich deswegen ein schlechter Mensch und gegen
Gleichberechtigung usw. usf. sei.
Ich wiederhole, was ich anfangs gesagt habe:
Das Problem, das Genderer mit der deutschen Sprache haben, ist von ihnen
selbst erfunden, die von ihnen praktizierte “Lösung” ungenügend bis
lächerlich. Ich kann nur hoffen, dass sich möglichst viele Menschen dagegen
wehren, damit dieses Gespenst sehr bald wieder verschwindet.