Lounge // Act I - departure
Ich weiß, ich sollte nicht hier sein. Aber ich bin. Es läßt sich jetzt nicht mehr ändern. Der Himmel ist blau und wolkenlos. Unschuldig, könnte ich sagen, aber das ist er nicht. Niemand und nichts ist unschuldig. Ich sitze auf einem kleinen Stuhl, schaue durch eine blankgeputzte Scheibe in die Welt da draussen. Auf dem Glas zeichnet sich mein Spiegelbild ab. Ich erkenne meine dunklen Konturen, aber ich bin es nicht selbst. Nicht ich selbst, der so sehnend durch dieses Fenster schaut nach dort draussen.
Dort draussen. Dort draussen - hallt es hohl durch meinen Kopf hier drinnen. Nur hier drinnen bin ich wirklich. Lebe ich im Innern.
Ich wende den Blick ab. Ein Beobachter könnte denken, ich sei etwas nervös, angespannt. Aber ich bin ruhig, gefasst. Es ist nur das Reisefieber, mehr nicht.
Über die Lautsprecher haben sie gerade gesagt "Noch 10 Minuten bis zur nächsten Abfahrt". Die Stimme war - ich weiß es nicht, sie hörte sich so freundlich an. Noch 10 Minuten bis zur Abfahrt. Meiner Abfahrt. Ich werde verreisen. Gleich.
Lange habe ich mich auf diese Reise vorbereitet. Alles verläuft, wie es geplant, wie es abgemacht ist, wie es im Vertrag steht. Es ist ein guter Reiseveranstalter. Gutes Reisebüro. Ja.
Alle Rechnungen beglichen. Im Voraus bezahlt. Geld-zurück-Garantie? Nein, nicht nötig.
So sitze ich hier und warte. Ich warte. Gleich wird der Ansager ausrufen: "Noch 5 Minuten bis zur nächsten Abfahrt. Bitte halten sie sich bereit". Und da sagt er es auch. Der Tonfall ist sich gleichgeblieben. Nicht dramatischer als vorhin. Es ist ein sympathischer Sprecher.
Ich halte mich bereit. Zwei Sekunden - und dann stehe ich auch schon. Durch das Fenster sehe ich den Bus. Mechanisch streiche ich meine Kleidung zurecht, dann verlasse ich die Lounge und trete ins Freie.
Es ist sehr warm heute. Die Luft sirrt. Wolkenlos der Himmel - hab´ ich schon gesagt.
Mit langsamen Schritten bewege ich mich auf den Bus zu. Eine Tür in ihm steht offen. Ich werde durch sie hindurchgehen und mir einen Platz suchen.
Jetzt sitze ich allein in dem Bus. 5 Minuten werden gleich vergangen sein. Der Fahrer ist noch nicht da.
Leise schließt sich die Tür. Automatik. Ich warte. In wenigen Sekunden wird die Reise beginnen.
Der Fahrer
ist noch immer nicht da.
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Lounge // Act II - have a nice holiday
Es ist bewölkt und kalt. Verfluchtes Wetter. Ich friere.
Da draußen steht der Bus. Er wird jeden Moment losfahren. Ich kann ihn durch die schmutzige Scheibe gerade so erkennen. Gemächlich setzen sich die Räder in Bewegung. Die Reise beginnt.
Meine Augen folgen ihm und meine Gedanken bleiben an den großen Lettern an der Aussenwand hängen. Suicide Holidays.
Aus den Lautsprechern
vernehme ich eine angenehme, sanfte Stimme:
"Noch 10 Minuten bis zur nächsten Abfahrt".
Ich bin bereit.