Gedichte
SPÄTE FLUT
Im Chaos verstellter Uhren
birgt ein Kuß Bäche aus süßem Salz.
Verwirrt standen Erinnerungen Spalier,
als gemeinsame Melodien
zerrissene Fotographien in Tränengischt tünchten.
Auf
erlöste Gedanken zeichne ich dein Gesicht,
deine Brüste, an denen Gedichte trinken.
Mit
später Flut
erreicht mein Sehnen deine Lippen.
MORGEN
Zu schwer, zu reich wiegen uns die Wege
von dannen gezogener
Geisterschwalben.
Auf
unsren Schultern bleibt ein stechend Ungemach:
Die Gewißheit des
nie verlebten Tags.
Für
heute löschen wir die Lampen,
daß sie uns ein Morgen
leuchten mögen.
SENGENDES LEBEN
Eine
verwesende Luft
gebiert Seelengüter
ferner Gezeiten.
Sie preßt mir das
Unrecht in jede Pore.
Mein
Mund fügt sich
dem Äther auf den
Rücken,
verleiht ihm sengende
Lippen,
durchglüht trotzige
Schwärze.
Mensch,
es gibt mich – ich lebe
meine Reste unter
deinem Winden auf.
Wahrhaft ist dein
Krieg, schlecht dein Fleisch.
Wie drückst du mich
ins Öl,
läßt faule Funken
stieben
und brennst hier jedes
Mal noch nieder,
brennst meine Wunden
aus.
Mensch,
ich lebe –
an deinen Feuerzungen
verheile ich.
© 2000 by Ligneth-Dahm, Oliver Martin