Pablo Neruda (1904-1973) war einer der Sänger des Stalinismus; in “Die Trauben und der Wind” (1954) begleitete er seine Leser auf einer Reise durch das maoistische
China, Sowjetrussland und die eroberten osteuropäischen Gebiete, die sich
nun dem blutroten Stern beugen mussten und pries die neue
Gesellschaftsordnung, unter der Millionen Menschen zu leiden hatten. Seine
politischen Fehltritte hat Neruda nie bedauert. Eines seiner letzten Werke
ist “Die Steine des Himmels” (1970). Ich fand es absonderlich: Wie kann man denn einen ganzen Lyrikband
über nur von Steinen schreiben? Aber ist es auch sehr folgerichtig, denn
wer nicht bedauern kann, ist den Steinen schließlich irgendwie verwandt und
wird sie irgendwann den Menschen vorziehen.
Ich bedauere so einiges, und wenn man mich danach fragte, würde ich es
sicherlich auch erzählen; allerdings konnte ich doch immer nur der sein,
der ich war. Wenn man will, kann man das gern Determinismus nennen. Ich war
stets das beste Ich, das ich zu einem gegebenen Zeitpunkt sein konnte,
freilich auch das schlechteste. Mein eigenes Schreiben hat sich mit den
Jahren verändert, allerdings sind mir Vögel immer noch lieber als Steine.
Zudem habe ich das große Glück, dass mich niemand fragt, was ich denn nun
bedauern würde.