Viele Autoren, die ich früher gern gelesen haben, bedeuten mir heute nicht
mehr viel, teilweise befremdet mich mein früherer Geschmack, aber ich weiß,
er gehört zu mir, dieses war der Weg, den ich gehen musste, um dort zu
stehen, wo ich heute stehe. Und noch geht er weiter ...
Ciorans “Werke” (ca. 2.000 Seiten) habe ich mir im Erscheinungsjahr 2008
gekauft und wahrscheinlich auch damals zuletzt gelesen. Bleistiftnotizen
auf den leeren Seiten am Ende des Buches, diverse Lesezeichen. Das sind
Fäden, die ich 13 Jahre später wieder aufnehmen kann. Ich lese hier und da
quer. Zweifellos: Cioran beeindruckt mich nach wir vor, aber ich bin auch
froh, dass ich ihm in vielem nicht mehr zustimmen kann und ihn auch
bedauern muss. Um 2006 herum erschien mir sein vergeistigtes Leben in einer
Mansardenwohnung noch als ein Ideal. Mönchtum ohne Glauben.
\"Was ich mit sechzig weiß, wußte ich ebensogut mit zwanzig. Vierzig Jahre
einer langen, entbehrlichen Prüfung.\"
Sechzig bin ich noch lange nicht, aber glücklicherweise weiß ich doch mehr,
als ich mit zwanzig wusste. Natürlich werde ich nie wieder die
literarischen Höhen erklimmen, die ich als junger Mensch erklomm – aber:
Das ist ja auch gut so!