Ich schreibe einen Text darüber, wie ich momentan drei Texte gleichzeitig
schreibe, die sich wie Schnecken an ihr Ziel bewegen: Ihre Fertigstellung.
Ich schreibe also, wenn man richtig zählt, an vier Texten. Natürlich fragst
Du Dich als Leser: Na und – was geht’s mich an? Und klickst Dich schon
irgendwo anders hin in diesem weltweiten Netz, das früher einmal für
individuelle Freiheit stand und heute von einem Oligopol regiert wird. Das
kann ich verstehen. Unsere Ressourcen sind beschränkt, jeden Tag müssen wir
uns irgendwann ins Bett legen, und irgendwann legt man uns ins womöglich
auch noch feuchte Grab.
Wir sollten daher unsere Zeit nicht verschenken, sie schon gar nicht Texten
schenken, die des Lesens nicht lohnen. Zudem, das muss ich anmerken, ist
die Konkurrenz auf dem Textmarkt extrem, wobei «extrem» ja gar kein
treffendes, sondern ein noch viel zu harmloses Wort ist: Bei einem
extrem-extrem-großen Angebot an Texten, die jeden Moment geschrieben und
einem potentiellen Publikum irgendwohin gestellt werden, kann ich nicht
damit rechnen, dass gerade dieser um sich selbst und ungeniert um mich
kreisende Text einen oder sogar zwei Leser findet. Ich bin realistisch und
bescheiden. Alles ist gut.
Natürlich wird das hier schon wieder so ein komisches Stück Anti-Literatur,
aber es muss geschrieben werden, es hilft nichts und sollte ich auch der
einzige Mensch sein, der es jemals lesen wird. Aber an dieser Stelle bin
ich ehrlich (sonst nicht unbedingt):
Wenn ich hier über die Entstehung von Literatur schreibe, ist es vielleicht
gar nicht so sehr Anti-Literatur, sondern eher Meta-Literatur? Nun, wie
auch immer man diese Frage beantworten mag: Da ich zu gern über das
Schreiben selbst schreibe, möchte ich doch feststellen, dass sich meine
Arbeitsweise im Laufe der Jahre geändert hat. Ich rede nicht vom
Korrekturlesen, da bemühe ich noch immer alle psychologischen Tricks, lese
meine Texte auf dem Computer-Monitor, dem Tablet, dem Smartphone und
manchmal drucke ich sie sogar aus, um dann später trotzdem beschämt Fehler
zu finden, die ich unzählige Male überlesen habe. Das also meine ich nicht.
Ich meine wirklich die sich ändernde Arbeitsweise beim Schreiben. Früher war mein Schreiben wie eine Explosion: Alles musste auf einmal
raus. Es war inspirationsgetrieben: Plötzlich erschien mir eine Melodie,
ein schöner Wortstrang, eine Idee – und wenn die Gelegenheit günstig war,
habe ich daraus einen Text geformt, gleich und sofort. Heute gehe ich
planmäßiger vor, der jugendliche Drang, die Ungeduld scheint zu schwinden,
ich lasse mir mehr Zeit, sammle Gedanken, Notizen, Ideen in kleinen Heften.
Das Schreiben eines Textes darf jetzt ruhig mehrere Abende in Anspruch
nehmen. Ich möchte das nicht positiv werten, denn das ist vielleicht nur
eine Art Verstopfung, an der ich jetzt leide, dass jetzt alles etwas
langsamer herauskommt?
So ein Text wie dieser hier, den Du noch immer liest – wobei ich weiß, dass
Du auch direkt hierher gesprungen sein kannst, ohne alles obenstehende
gelesen zu haben –, ist natürlich nicht viel mehr wert als der Spaß, den es
mir gemacht hat, ihn zu schreiben. Ich hätte ihn auch vor zwanzig Jahren
schon schreiben können, und erkenne bei diesem Gedanken, wie wenig ich mich
tatsächlich weiterentwickelt habe, Arbeitsweise hin oder her.
Gut, gut. Jetzt soll es dann bald genug sein. Ein letzter blasser
Vergleich, so blass wie der Mond hinter den Wolken, von dem in einem
anderen Text die Rede ist:
Dieser Text ist wie ein Taxi in einer Taxischlange, das ganz hinten stehen
muss, weil es zuletzt hinzugekommen ist. Weiter vorne stehen die
literarischen Meisterwerke der letzten 10, 100, 1000 und 2670 Jahre. Die
finden alle viel früher einen Kunden, und ich selbst finde, das geht
vollkommen in Ordnung.
Lesen Sie immer nur die Klassiker!
Immer nur die Klassiker.