Der russische Krieg im Donbass, der eine Landbrücke zur 2014
völkerrechtswidrig geraubten Krim eröffnen sollte, ist noch immer ein
heißer. Seit sechs Jahren nun führt Russland diesen schmutzigen
Eroberungskrieg gegen die Ukraine. Wann wird er aufhören, mit welchem
Ergebnis? Wie viele Menschen müssen noch vertrieben, versehrt, getötet
werden, wie viel Natur und vom Menschen Geschaffenes muss noch zerstört
werden? Werden die Russen die Ukrainer in Frieden lassen, wenn Putin einmal
gestorben ist (er wird wohl leider noch einige Jahre leben)? Werden sie die
besetzten Ländereien zurückgeben und für die angerichteten Schäden
Reparationen bezahlen? Viele Fragen, viel Ungewissheit. Am Ende jeder Nacht
aber kommt ein neuer Tag.
Andrej Kurkow hat uns mit “Graue Bienen” einen Roman über diesen russischen
Krieg geschenkt. Auch wenn er das einfache Leben des Bienenzüchters Sergej,
der allein mit seinem Kindheitsfeind (pro-russisch, so lange er davon
profitieren kann) in einem Dorf in der grauen Zone zurückgeblieben ist,
schildert: Es ist natürlich kein unpolitisches Buch. Der Anti-Held möchte
nur sein bescheidenes Leben führen, und doch ist es Teil einer großen
Geschichte. Licht und Dunkelheit treffen aufeinander, das Abendland trifft
auf asiatische Despotie, ehrliche Menschen auf berufsmäßige Lügner,
Freiheitskämpfer auf grausame Unterdrücker und Mörder.
Kann man so ein wichtiges und richtiges Buch bewerten? Man kann, aber man
muss es nicht. Erzählerisch kommt es manchmal fast zum Stillstand, um dann
doch wieder mit einer packenden Wendung aufzuwarten. Und natürlich ist es
reich an Anspielungen und versteckten Bildern. So heisst der russische
Scharfschütze, der eines Tages tot im Dorf aufgefunden wird, Wladlen mit
Vornamen: ein typisch sowjetischer Kunstname, gebildet aus den ersten
Silben von Wladimir (Iljitsch) Lenin. Wladlen war ein Mensch, der möglichst
viele Ukrainer töten wollte. Lenin war ein Massenmörder, der eine
totalitäre Ideologie begründet hat. Wladlen und Lenin gehören zusammen.
Beide sind tot. Putin ist ein Mensch, der die Ukraine zerstören will. Er
hingegen lebt noch, aber kein Diktator lebt ewig. Leider ist das nur ein
Trost, wenn man ihn überlebt und dieses Leben danach genießen kann.
Was bleibt festzuhalten? Ich mag Kurkows Buch - ohne Russland wäre die Welt
eine friedlichere und lebensfreundlichere.