drei reiter reiten in den blauen untergang. drei reiter reiten ueber die silbernen huegel, sie reiten durch die roten waelder. einer vorneweg, einer hintendrein - der andere dazwischen. immer eilig voran. voran! voran! so reiten sie in den blauen untergang.
der erste reiter traegt die schwarze fahne, doch der wind geht schwach und sie mag sich kaum nur bewegen.
der zweite reiter haelt fest umschlossen die goldene krone, das ewige herrschaftszeichen des schwarzen koenigs. eher wuerde er sterben, als sie ungewollt aus seiner gewalt zu geben.
der dritte reiter reitet mit leeren haenden. doch um den bauch seines pferdes ist ein weisses tuch geknotet - darin der leichnam des schwarzen koenigs, der sich erst kuerzlich auf die weite letzte reise machte.
ein fremder auf dem felde sieht die reiter aus weiter ferne. er erschaudert, denn er weiss, was sie bedeuten. er weiss, was geschieht und was die zukunft bringen wird. ein paar sekunden verharrt er so in leichter furcht, dann kuemmert er sich weiter um die faulende ernte.
drei tage reiten die reiter nun ohne rast. ihre pferde wimmern nicht, sie verbergen die schwaeche wie eiserne helden. doch schwer ist ihr leiden. ueber manchen huf fliesst schon das blut.
sie alle kaempfen gegen den schlaf, aber kein auge darf sich schliessen, bevor das werk vollbracht ist.
links und rechts am wegrand lagern dunkle halluzinationen. sie lauern auf ihre opfer, springen dann und wann hervor als brennende buesche, bruellende loewen, brausende taifunwellen. das ist nicht wirklich, und so lange die reiter noch einen hauch von willen haben, werden sie sich nicht beirren lassen, werden sie ihren weg fortsetzen, wie er ihnen beschrieben wurde.
[...]
in der nacht des dritten tages erreichten sie das meer. sie sattelten im tiefen sand ab und die erschoepften pferde legten sich sogleich zum sterben. sie hatten ihren zweck nun erfuellt.
in das meer hinein ragte ein alter holzsteg. die wellen schlugen leicht gegen seine pfaehle, schaeumten auf, zogen kaum gebrochen davon. die drei reiter bestiegen den steg. der erste mit der schwarzen fahne, der zweite mit der goldenen krone, der dritte mit dem weissen tuch. das holz aechzte unter ihren schweren schritten. schon lange hatte man seine tragfaehigkeit nicht mehr erprobt, aber es wuerde halten. gewiss.
nach einer stunde standen die reiter am kopf des steges. hier ging es nicht mehr weiter. stumm schauten sich die drei in ihre strengen, regungslosen gesichter. sie mussten sich nichts sagen. keine worte. ein jeder wusste, was zu tun war.
der erste reiter blickte hinauf in den himmel. der mond schimmerte blass in seinen augen. so stand er einen moment da. dann senkte er seinen kopf und warf die fahne in das meer. dort verschwand sie mit einem kaum hoerbaren zischen. ein paar blasen stiegen auf, wenig spaeter fing das meer an zu dampfen, bis es schliesslich brodelte, kochte.
der zweite reiter trat er hervor. die goldene krone hielt er nun in seinen beiden knoechernen haenden sehr behutsam. fuer einen augenblick senkte er die lider. seine lippen bewegten sich, als wuerde er tonlos etwas sagen. vielleicht eine geheime formel, ein maechtiges gedicht aus alten zeiten. als er die lider wieder aufschlug, schleuderte er die krone in das kochende meer. sie tauchte in einiger entfernung in die allmaehlich verebbenden wellen ein. kurz darauf faerbte sich der wasserdampf allerorten golden und am himmel erschienen ebenfalls goldene streifen der sehnsucht. fast war es hell wie am tage.
dann trat der dritte - der letzte - reiter vor das meer. das weisse tuch trug er noch auf seinem ruecken, warf es nun aber ab, so dass er es in beiden haenden hielt. bedaechtig ging er in die knie und schob den eingewickelten leichnam stueck fuer stueck in das heisse meer, bis er ganz verschwunden war.
das meer hoerte ploetzlich auf zu kochen. die silberstreifen verschwanden ebenso wie die kaum noch sichtbaren wellen. unendliche stille kroch ueber den planeten. jetzt erstarrte alles, was war.
der himmel nahm eine schwarzblaue faerbung an. das war der untergang. das musste er sein.
ausserhalb von zeit und raum falteten maechtige haende das universum zusammen. sie mochten einem alten mann gehoeren oder vielleicht auch einem kleinen kind. das war sich gleich und sicher war nur:
fuer heute hatte er (oder es) genug gespielt, also warf er (oder es) das universum sorglos in seine gruene umhaengetasche. dann verliess er (oder es) seine picknickstelle in der waldlichtung. morgen koennte der alte mann (oder das kleine kind), wenn das wetter wieder so gut werden wuerde, noch einmal hierher kommen und ein neues spiel wagen - oder eventuell auch in einem guten buechlein lesen.