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Schöne neue Oper

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Die Oper ist neu und schön, eine schöne neue Oper. Ein bißchen zu schön, ein bißchen zu neu und auf jeden Fall auch ein bißchen zu groß. In ihr bin ich sehr klein, bin ich niemand - oder nur einer von den anderen, die wie ich sind: Also - wie gesagt - niemand. Man wartet, plaudert, guckt, die Garderobe sitzt, setzt sich im Saal, das kennt man, kennt man gut und lange schon. Irgendwann geht das Licht aus, geht das Licht an. Das Stück aber kenne ich nicht, würde es trotzdem wohl wiedererkennen ohne großartige Mühe. Auch die Sessel sind groß, sehr bequem, nicht wie in anderen Häusern im alten Europa, wo man sich quetscht, wo das müde Holz hart ist und bei jeder Bewegung knarzt. Abgewetzter Samt. Drohende Renovierungspausen. Monate-, jahrelang warten. Allmächtiger! Großgütiger!! Pantokrator!!!
Vielleicht schlafe ich deswegen 20 Mal ein. Gut, das ist - wie Du hoffentlich gemerkt hast - so übertrieben, dass es unglaubhaft wirken muss, sicher sind es nur genau 14 Mal gewesen, keines mehr, keines weniger. Das Zählen habe ich schließlich gründlich gelernt. Noch genauer weiss ich, dass es am Stück nicht gelegen haben kann, sondern allein am Sessel, diesem verdammt bequemen Sessel, den es so in keiner anderen Oper der Welt gibt - oder geben kann. Ich schäme mich nicht, oder nur ein bißchen, denn auch der Schlaf ist eine große Kunst, besonders der kurze. Ich bin nicht allein, selbst in meinem Tun nicht allein. Die Menschen um mich herum schlafen immer wieder ein, wachen auf im Schatten, vorne das Licht der Bühne, die tanzenden, singenden Schauspieler, die Musik aus dem Graben. So eine große Kunst! Kurzer Schlaf, kleine Träume. Schatten. Menschen. Es ist, wie es immer war - zumindest schon bei den ganz alten Griechen: “Eines Schattens Traum ist der Mensch”. Nur die Oper ist neu und schön.

© 2019 by Arne-Wigand Baganz

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