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Ukraine  Eine Reise durch die Ukraine in 113 Gedichten  Ukraine

Lebe wohl, ungewaschenes Russland

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Der russische Dichter Michail Jurjewitsch Lermontow (1814–41)

Ein immer populärer werdendes Gedicht von Michail Lermontow aus dem Jahr 1841, welches das Wesen Russlands schon damals rücksichtslos offenlegte.

Was beim amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz nur eine seiner zahllosen verbalen Blendgranaten ist, die wie plakative Parfümstöße im Sturm der Epoche unwirksam zerstieben, wird in Russland Wirklichkeit: Die Zeitenwende. Putins totaler Krieg gegen die Ukraine bedeutet nämlich auch das Ende der russischen Kultur. Nie wieder wird man tief in die imperiale Vergangenheit Russlands verstrickte Künstler wie Puschkin, Dostojewskij oder Tolstoj unbefangen lesen können – anders als beispielsweise Hölderlin, Goethe oder Schiller nach dem Zweiten Weltkrieg werden sie keine Rehabilitation erfahren, denn sie sind weder unbefleckt noch unschuldig.

Der blutige Vorhang, der den Wesenskern der russischen Anti-Zivilisation notdürftig verhüllt hat, ist für immer abgerissen, überdeutlich stehen die russischen Verbrechen der Vergangenheit und Gegenwart vor uns, die bösartige Struktur des russischen Staates, die sich aus einer unbeschreiblichen Unmenge von Ungeheuerlichkeiten zusammensetzt, springt uns vollkommen nackt und schauerlich in die tränennassen Augen.

Und trotz dieser trüben Tränen, die wir aufgrund unserer Zeugenschaft riesigen Leidens vergießen, sehen wir alles klar und deutlich: Zügellose militärische Gewalt, brutale Unterdrückung, gigantischen Größenwahnsinn, ruchlose Rechtlosigkeit, unmäßige Unmenschlichkeit, genießerische Grausamkeit, schädliches Sendungsbewusstsein, verabscheuungswürdige Verlogenheit, kaltschnäuzige Korruption.

Russland ist ein bodenloser Abgrund – und sein perverser Diktator persönlich hat mit seinen vielzähligen atavistischen Angriffskriegen die Pforten der Hölle geöffnet, weil er nie den Wert des Lebens schätzen lernte und nie wirklich liebte noch geliebt worden ist.

Sind das Neuigkeiten? Natürlich nicht. Russland ist zu keiner Zeit etwas anderes gewesen. Schauen wir zurück in die Geschichte: Im letzten Jahr seines sehr kurzen Lebens schrieb der in den Kaukasus verbannte Dichter Michail Jurjewitsch Lermontow (1814–41) absolut klarsichtige Zeilen über sein verderbtes russisches Heimatland, an dessen imperialen Eroberungskriegen er selbst beteiligt war:

Zitat:

Lebet wohl, ungewaschenes Russland,
Land der Sklaven, Land der Herren,
Und ihr, blaue Uniformen,
Und du, ihnen ergebenes Volk.

Vielleicht werde ich mich hinter der Mauer
des Kaukasus vor euren Paschas verstecken,
vor ihren allsehenden Augen,
vor ihren allhörenden Ohren.



Unangenehme aber wahrhaftige Worte – so unangenehm, dass in Russland angezweifelt wurde, ob Lermontow sie wirklich niedergeschrieben habe oder ob das Gedicht eine Fälschung sei. Eine internationale Expertenkommission im Jahr 2017 untersuchte den Gegenstand und stellte fest, dass Lermontow wirklich als Autor angesehen werden muss.

Was lehrt uns das: Gibt es in Russland etwa keinen Fortschritt? Offensichtlich. Und es scheint auch keine guten Russen zu geben, nur gute Menschen. Wer ein guter Mensch sein möchte, muss sich wie der Schriftsteller Wiktor Jerofejew von Russland lossagen, es negieren, weil die Menschheit besser daran wäre, wenn es dieses Land nicht mehr gäbe, niemals gegeben hätte:

Zitat:

Russland existiert nicht. Es ist ein illegales Land mit Pseudowahlen, Pseudoparlamenten, Pseudogerichten, Pseudoverwaltung und so weiter. Ich sehe dieses Land nicht als lebenden Organismus. Einige sagen, dass Russland sehr krank ist. Nun, ja, es gibt da einen Widerstreit zwischen der Intensivstation und dem Leichenschauhaus.


Veröffentlicht am 04.12.2022

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