Wie mag ein Außerirdischer empfinden, wenn er unseren Planeten das erste
Mal besucht? Die meisten werden antworten: Woher soll ich das wissen, habe
ich denn schon einmal einen Außerirdischen gesehen, und wenn ja, mich auch
mit ihm unterhalten? Wahrscheinlich nicht, ich aber habe dazu eine
ungefähre Ahnung, die sich aus meinem kürzlich erfolgten Besuch eines
Buchladens im “Alexa”-Einkaufszentrum in Berlin Mitte ableitet. Als Mann
des Wortes, als Dauerleser hätte ich mich dort sofort heimisch fühlen
müssen: Im Laden sah es aus wie auf meinem erdfernen Buchplaneten – Bücher
auf Tischen, Bücher in meterlangen Regalen, überall Bücher; hier und da
angeklebte weiße Zettel, auf denen sich mit Frauenschrift ein schwarzer
Edding hastig zu schaffen gemacht hat: Empfehlungen des Personals. So sei
beispielsweise ein Buch lesenswert, weil es Biographisches mit
Philosophischem verbinde. Natürlich, wer wollte das nicht sofort lesen? Es
ist bestimmt eine total bio-philo-phiphige Sache.
Ich gehe an hunderten von Moleskine- und anderen sich luxuriös gebenden
Notizbüchern vorbei, für die man so um die 20 Euro zahlt. Der käufliche
Traum vom Schriftstellen, den man der Außenwelt stolz vorzeigen kann. Man
verzeihe mir meine Skepsis, aber bleiben die meisten dieser Bücher, einmal
gekauft / verschenkt, nicht genauso leer, wie sie hier im Regal stehen? Ich
verstehe: Was macht das schon? Selbstverständlich nichts, es geht
schließlich um das schöne Träumen schöner Träume von schönen Träumern ...
An einem Tisch durchblättere ich eine ganz nett aufgemachte englische
Gesamtausgabe von Edgar Allan Poe in einem Band. Irgendwie hat man es
geschafft, die Buchseiten schon jetzt gelblich aussehen zu lassen. Nicht
schlecht, aber auch nicht echt. Ich lese hier und da ein paar Zeilen und
bleibe bei “Arthur Gordon Pym” hängen. Den hätte es wirklich nicht
gebraucht. Was brauche ich? Keine Fitzek-Playlist, keinen Rossmann-Oktopus
und ganz sicher auch keine “Blaue Frau”. Gebt mir Plotin, Pseudo-Dionysius
Areopagita, Boëthius und dergleichen – dann bin ich still ein Weilchen.